Die bunte Wundertüte der Fotografie

Das Motto von Reisefotograf Peter Schickert lautet „Expect the unexpected“. Auf seinen Reisen, die ihn bereits in unzählige Länder geführt haben, lässt sich der Fotograf vor allen von seiner Neugier treiben, blickt dabei gerne in die bunte Wundertüte der Fotografie, und kehrt immer wieder mit eindrucksvollen Bildern aus aller Welt zurück.

Wir freuen uns ganz besonders über das heutige Interview mit Peter Schickert, der uns hier spannende Einblicke in das Leben eines Reisefotografen gewährt.

ps_03
Peter Schickert (Copyright: David Böhm)

Herr Schickert, Sie arbeiten seit einigen Jahren hauptberuflich als Reisefotograf und Autor. Ihr Werdegang – vom Bassisten in einer Hardrockband, zum Grafikdesigner, zum Tontechniker und Gitarrenverkäufer zum Profifotograf – ist außergewöhnlich. Erzählen Sie uns ein wenig über sich und Ihre Arbeit? Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Ich bin bereits seit meinem Zivildienst vor über 20 Jahren selbstständig im künstlerischen Bereich tätig – ursprünglich ausschließlich im Musikbereich: Tonstudio, mit Bands auf Tour, Konzerte, Festivals usw. Mit dem Niedergang der Musikindustrie bin ich dann immer mehr in den grafisch/visuellen Bereich gewechselt, habe erst Plattencover und Drucksachen für Plattenfirmen und Bands gestaltet und dann zusätzlich in einer klassischen Werbeagentur als Grafiker gearbeitet.

Zur Fotografie bin ich dann ausschließlich durch das Reisen gekommen. Ich habe mich doch immer sehr geärgert, wenn ich von meinen Fernreisen nur grottenschlechte und unbrauchbare Bilder mitgebracht habe. Ich habe mir dann eine uralte Spiegelreflex geliehen und seitdem beschäftige ich mich ausgiebig und ernsthaft mit diesem Thema…..mittlerweile auch hauptberuflich.

Dabei hat meine gestalterische Erfahrung bestimmt nicht geschadet. Ein möglichst breit gefächertes Tätigkeitsfeld ist aber auch noch sehr wichtig: Neben dem Verkauf von Bildlizenzen und Auftragsarbeiten gibt es von mir Bücher, Fine Art Prints, Workshops und natürlich mittlerweile auch schon ein ganze Menge Kalender. Und ständig kommt irgendetwas Neues dazu. Im September geht es dann wieder mit einer kleinen Gruppe auf Fotoreise: diesmal nach Istanbul. Es würde mich sehr wundern, wenn daraus nicht auch wieder ein schöner Kalender entsteht.

big_cities_coverPeter Schickert: Big Cities

Wie können wir uns Ihren „Alltag“ vorstellen? Gibt es überhaupt so etwas wie Alltag bei Ihnen?

Auf Reisen gibt es natürlich kaum einen Alltag. Aber mindestens genauso viel Zeit verbringt man ja auch zu Hause am Schreibtisch – Bilder müssen archiviert, bearbeitet, beschriftet und verschickt werden. Und auch die ganz normale Korrespondenz und die Büroarbeit machen vor Reisefotografen leider nicht halt. Da kommt dann auch durchaus so etwas wie ein geregelter Alltag auf. Zum Glück immer wieder mit längeren Unterbrechungen.

Marokko, Kapverden, Kuba, Panama, Nepal, Vietnam, Sydney, Melbourne, Hamburg, Karlsruhe – dies sind nur einige Städte und Länder, die Sie schon bereist haben, um dann mit zahlreichen, wunderbaren und atemberaubenden Fotografien zurückzukehren. Bei den vielen Reisezielen hat man den Eindruck, dass Sie jährlich an höchstens 30 Tagen zu Hause anzutreffen sein dürften : )

Ich bin tatsächlich viele Wochen im Jahr unterwegs, eine feste Regel gibt es da allerdings nicht. Eine Australienreise dauert eben doch oft länger als ein Ausflug nach Holland. Zwei bis drei längere Reisen und einige kürzere sind aber eigentlich jedes Jahr auf dem Programm. Und die nähere Umgebung will ja auch noch fotografiert werden.

Folie1
Peter Schickert: Kap Verde, Cuba, Panama Stadt, Vietnam, Melbourne und Hamburg

Nur die Antarktis scheint in Ihrer Reihe der bereisten Kontinente noch zu fehlen. Steht das auf Ihrer Wunschliste?

Grundsätzlich interessiert mich jede Ecke dieser Welt – ich fliehe aber auch sehr gerne vor dem mitteleuropäischen Winter in wärmere Gefilde, da ist die Antarktis also nicht gerade erste Wahl. Aber bei passender Gelegenheit sehe ich mir auch diesen Teil der Welt gerne an.

Steht auf Ihrer Liste vielleicht auch, dass Sie in Ihrem Leben am liebsten überall einmal gewesen sein möchten?

Ich suche meine Reiseziele nicht danach aus, wo ich noch nicht gewesen bin. Auch bei 365 Reisetagen im Jahr wäre es in einem Menschenleben auch nicht annähernd zu schaffen, ALLES auf der Welt zu sehen.
Ich versuche es also erst gar nicht und sehe mir bestimmte Regionen lieber etwas genauer und dann auch gerne wiederholt an. Die Veränderung hat manchmal durchaus seinen Reiz. Leider verändern sich viele ehemals traumhafte Regionen nicht immer nur zum Positiven.

Was treibt Sie am meisten an? Die Suche nach herausragenden Motiven, die Neugier auf fremde Menschen und Kulturen oder pure Reiselust?

Ich bin vor allem unheimlich gerne draußen und unterwegs in der Natur, aber natürlich treibt mich auch die Neugier auf fremde Länder, Menschen und Kulturen. Jedes Reiseziel hat einen ganz individuellen einzigartigen Reiz, so dass das Reisen eigentlich niemals langweilig wird. Tolle Bilder und Eindrücke festzuhalten und dann auch noch mit nach Hause zu bringen, ist natürlich ein zusätzlicher Anreiz, aber nie meine Hauptintention.

welterbe_coverPeter Schickert: UNESCO Welterbe

Nach welchen „Kriterien“ suchen Sie sich Ihre Reiseziele aus? Sind Sie hauptsächlich mit einem konkreten Auftrag in der Tasche unterwegs oder gehen Sie dabei eher nach Ihren persönlichen Vorlieben vor?

Konkrete Aufträge gibt es heutzutage nur noch sehr selten, ich suche mir meine Reisen und Ziele aber auch viel lieber selber aus. Mal gibt es in einem Land ein besonderes Event, Berichte oder Reportagen anderer Fotografen machen auch oft Lust auf ein bestimmtes Ziel, und manchmal ist es auch einfach nur ein günstiger Flug oder ein Freund auf einem anderen Kontinent.

Sind Sie überwiegend allein unterwegs oder eher in einer Gruppe?

Zum Fotografieren bin eigentlich am liebsten alleine unterwegs – gute Reisefotos sind in einer Gruppe oder auch auf Pauschalreisen nur schwer möglich. Man braucht viel Zeit, noch mehr Geduld, muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Das ist ohne gute eigene Vorbereitung, Planung und selbstständiges individuelles Reisen eigentlich nur sehr schwer möglich.

Gibt es einen Kontinent, ein Land oder eine Gegend, die Sie ganz besonders reizt und wo Sie immer wieder gerne hinreisen? Gibt es umgekehrt vielleicht auch einen Ort, den Sie nicht unbedingt noch einmal bereisen würden?

Ich bin ein großer Freund der asiatischen Länder und Kulturen, aber auch Italien gehört zum Beispiel zu meinen Lieblingszielen. Bisher hat es mir eigentlich in jedem Land dieser Welt recht gut gefallen – richtig schlimm finde ich eigentlich nur die komplett zubetonierten Bettenburgen und die Massenziele an vielen Küsten dieser Welt. In der Regel findet man aber immer schon nur wenige Kilometer weiter eine ganz andere spannende Welt.

italien_coverPeter Schickert: Traumhaftes Italien

Ihre Fotos sind weltweit in zahlreichen Büchern, Zeitschriften und Zeitungen erschienen. Nehmen Sie auch an Wettbewerben und Ausstellungen teil?

Wettbewerbe oder auch Ausstellungen sind gar nicht so mein Ding. Allerdings steht ja im Prinzip vor jedem (!) veröffentlichten Foto auch erst einmal der Wettbewerb mit vielen anderen professionellen Fotografen aus der ganzen Welt. Der zahlende Kunde hat schließlich die freie Auswahl aus den besten Fotos zum gesuchten Thema.

Welche Aspekte der Reisefotografie reizen Sie am meisten? Welche Motive fotografieren Sie am liebsten?

Das Spannende an der Reisefotografie ist ja gerade, dass man nicht auf ein spezielles Thema festgelegt ist. Die bunte Wundertüte der Fotografie. Am Beginn des Tages weiß ich nie, was ich am Abend für Fotos auf der Speicherkarte habe. Expect the unexpected. Auf ein bestimmtes Motiv zu warten, funktioniert daher für mich nur sehr selten und eingeschränkt. Unerwartetes ist da schon eher die Regel….

Folie2
Peter Schickert: Spiegelungen

Welche Tipps können Sie anderen Fotografen und Kreativen zum Thema Reisefotografie geben? Wovon raten Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen ab?

Wie bei jeder künstlerischen Tätigkeit ist es wohl am wichtigsten das zu tun, was man wirklich gerne und dann auch mit Leidenschaft tut. Wer besondere Kenntnisse, Hobbys oder Vorlieben hat, kann die auch immer sehr gut für fotografische Zwecke nutzen und sich spezialisieren. Wer aber glaubt, mit der Reisefotografie ohne großen Aufwand und viel Arbeit schnell Geld zu verdienen und gleichzeitig noch schöne Reisen finanziert zu bekommen, wird es wohl eher schwer haben.
Für gute Bilder ist es fast immer nötig auch einmal die Komfortzone zu verlassen. Aus dem Reisebus gelingen fast nie gute Fotos. Die Kameramarke ist übrigens grundsätzlich VÖLLIG egal.

Wo sind Sie als nächstes anzutreffen und wohin reisen Sie in diesem Jahr sonst noch?

La Gomera und der Karneval auf Teneriffa stehen wohl im nächsten Monat an. Dann stehen wieder einige Workshops wie z.B. in Istanbul auf dem Plan, und dadurch auch wieder einige Touren in Deutschland – unter anderem Berlin, Hamburg, München, Norddeutschland und natürlich das Ruhrgebiet. Papua Neuguinea, Rügen, Myanmar, Malta, Albanien, Iran, Kreta, Mosambik, Kroatien, Bhutan und Kolumbien sind dann nur ein paar der Reiseziele, die in möglichst nächster Zeit dann auch noch besucht werden wollen….

Herr Schickert, wir bedanken uns sehr herzlich für dieses Interview und dass Sie sich zwischen Ihren Reisen die Zeit hierfür genommen haben. Wir würden uns freuen, wenn Sie weiterhin Ihre Eindrücke, zum Beispiel in Form eines Kalenders, mit anderen teilen. Alles Gute und weiterhin gute Reise!

Folie3Peter Schickert: Vögel – Birds

Mehr Informationen zu Peter Schickert:

Website: https://www.schickert.info

Bildarchiv: https://fotoarchiv.schickert.info/

Facebook: https://www.facebook.com/peter.schickert

500px: https://500px.com/peterschickert

CALVENDO-Galerie: https://www.calvendo.de/galerie/autor/peter-schickert/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert