Tipps zum Storytelling

Lange schon bevor die Schrift es möglich machte, Geschichten niederzuschreiben und auf diese Weise weiterzugeben, haben die Menschen einander Geschichten erzählt – nicht nur verbal, sondern auch in Bildern. Davon legen steinzeitliche Höhlenmalereien wie in Lascaux oder in Altamira Zeugnis ab, aber auch altägyptische Kunstwerke.

Peter-Hebgen_Aegypten_Nostalgie-und-AntikePeter Hebgen: Ägypten Nostalgie & Antike 2016

Ganz anders als in vor- und frühgeschichtlicher Zeit sind die Möglichkeiten, Geschichten in Bildern zu erzählen, heute vielfältig und vor allem multimedial: Außer Fotografien eignen sich Videoaufnahmen und selbstverständlich auch Zeichnungen als Ausgangsmaterial. Je nach Publikationsmedium können sie sogar durch Musik oder Sprache ergänzt werden.

Ein Thema finden oder: Die Qual der Wahl

Beginnen Sie Ihr Kalenderprojekt damit, ein Thema zu finden und festzulegen. Fragen Sie sich zum Beispiel: Was möchte ich erzählen? Was ist die Kernaussage meiner Geschichte? Gehen Sie mit offenen Augen durch den Alltag! Überall lauern Themen; Sie müssen nur aufmerksam sein und konzentriert beobachten. Welche Themen werden beispielsweise auf Familienfeiern immer wieder erzählt? Was sind die Stammtisch- oder Vereinsthemen? Was erzählen Ihre Kollegen beim Mittagstisch?

Oder begleiten Sie Ihre Tochter, Ihre Cousine oder Ihren Schwager einen Tag lang! Vielleicht wollten Sie ja schon immer wissen, was ein Postbote an einem Tag erlebt? Skizzieren Sie die Kernaussage Ihrer Story in zwei bis drei Sätzen.

Recherche

Sobald Sie ein Thema gefunden haben, müssen Sie Material sammeln und sortieren. Möchten Sie beispielsweise die Geschichte Ihrer Geburtsstadt erzählen, so könnten Sie klären, welche die wichtigsten Gebäude sind. Oder welche Gebäude Ihr Leben in der Stadt widerspiegelt, vom Krankenhaus als Geburtsort über den Kindergarten, wo Sie Ihre spätere Frau kennen lernten, Ihr Elternhaus, die Tanzschule usw. Nun könnten Sie eine Liste wichtiger Personen Ihrer Kindheit zusammenstellen: Lebt beispielsweise der Bademeister noch, bei dem Sie Ihren Schwimmkurs absolvierten? Oder wird in dem Tanzsaal Ihrer ersten Tanzstunde immer noch unterrichtet? Daraus ergeben sich viele kleine Geschichten und Nebenspielplätze. Konzentrieren Sie sich dann auf die Hauptelemente Ihrer Story.

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Nailia Schwarz: Simple Things 2016 – Kleine Geschichten mit Erdnussmännchen

Gute Planung ist die halbe Story

Bevor Sie sich an die Umsetzung machen, beantworten Sie sich auch solche Fragen:

  • Wer ist meinen Zielgruppe? Wen spreche in mit welchen Mitteln an? Beispielsweise sind Senioren kaum mit einem Hip-Hopper zu begeistern.
  • Wo ist der Anfang, der Höhepunkt und das Ende der Geschichte?
  • Wer sind die Hauptfiguren der Geschichte? Oder hat die Story nur eine Hauptfigur?
  • Wie bringen Sie Spannung in Ihre Geschichte? Hat die Geschichte originelle Elemente?
  • Wird Text eingeblendet, oder gibt es einen Erzähler?
  • Welche Ereignisse lassen sich für die Story nutzen?
  • Was kann wegfallen, weil es für die Geschichte unnötig ist?
  • Und vor allem: Wie endet die Story? Gibt es ein Happy End, Bad End oder ein offenes Ende?

Aufbau und Gliederung

Machen Sie sich ein Konzept mit Aufbau und Gliederung Ihrer Story. Skizzieren Sie einen Handlungs- und Ablaufplan mit Orten und Figuren der Handlung, mit Kernaussagen und den Möglichkeiten zur Umsetzung. Wenn Sie beispielsweise einen Fotokalender zum Thema Reisen konzeptionieren, könnten Sie zum Beispiel das Foto eines Nummernschilds einsetzen, eines Auto, einer Reisetasche oder eines Bahnhof.

Denken Sie Ihre Geschichte wie ein Schriftsteller vom Ende her! Nicht der Anfang bestimmt das Geschehen, sondern der Schluss! Wie soll Ihr Schluss aussehen? Anschließend entwerfen Sie den Anfang Ihrer Geschichte. Er soll Neugier wecken, in das Grundgeschehen einführen und die Hauptpersonen vorstellen. Dazu müssen Sie nicht unbedingt eine chronologische Abfolge einhalten (wenn das auch zunächst sicher einfacher ist) – experimentieren Sie!

In welchen Sequenzen werden Sie Ihre Geschichte erzählen? Erstellen Sie ein Storyboard, indem Sie Ihre Story in zwölf Sequenzen unterteilen. Beschreiben Sie jede einzelne Sequenz: Nennen Sie Personen, Ort und Handlung. Falls nötig, können Sie Sequenzen auch mit mehreren Bildern auf einem Kalenderblatt ausstatten.Was muss dargestellt werden? Worauf können Sie verzichten?

Michaela-Kanthak_BaerentraeumeMichaela Kanthak: Bärenträume – Geschichten mit Herrn Nopf

Protagonisten

  • Führe ich mit einem Protagonisten durch die Geschichte oder mit mehreren? Welche Gefühle will ich wecken? Aus welcher Perspektive erzähle ich? Die Perspektive eines Kindes ist anders als die Perspektive eines Berufstätigen oder die Perspektive eines Studenten.
  • Was muss ich erzählen, damit das Publikum die Hauptfigur mag? Weche Eigenschaften braucht sie?
  • Wie führe ich neue Figuren ein, die für die Handlung wichtig sind?

Orte und Situationen

  • Welche Rolle spielt der Ort für meine Geschichte? Was muss das Publikum über den Handlungsort oder die Handlungsorte wissen?
  • Sind Ortswechsel nachvollziehbar?
  • Wann spielt die Geschichte? Gibt es nur einen Zeitstrang (z. B. die Gegenwart) oder mehrere (z. B. Geburt, Studienzeit, Rentenalter)?

Handlung

  • Sorgen Sie für einen Spannungsboden, indem Sie zum Beispiel einen Konflikt einarbeiten oder einen Wendepunkt (z. B. Umzug in eine fremde Stadt)?
  • Zeigen Sie eine Veränderung (vorher und nachher)?

Text

Texte können eine Bildergeschichte maßgeblich bereichern. Aber nur, wenn sie wirklich medienadäquat eingesetzt werden. Beschreiben Sie keinesfalls, was der Betrachter ohnehin auf den Bildern sieht! Nutzen Sie Texte für das, was bildlich nicht dargestellt werden kann. Klären Sie, welche Textsorten die richtigen sind für Ihre Geschichte: Sprechblasen, Bildunterschriften, direkte Bildbeschriftungen oder ganz andere?

Hinweis: Alle weiteren Artikel unserer CALVENDO-Kalendersommerreihe von 2013 finden Sie unter blog.calvendo.de/category/sommer.

Fotostorys und Fotoessays für Kalender

In der letzten Woche unseres Kalendersommers beschäftigen wir uns mit eher außergewöhnlichen Ansätzen zur Kalendergestaltung; heute geht es um Fotostorys und Fotoessays. Das sind zwar recht anspruchsvolle Genres für Kalender, aber eben auch sehr attraktive!

Seit Urzeiten erzählen sich Menschen Geschichten – in Worten und in Bildern. Die Vielzahl an Beispielen aus der Literatur- und der Kunstgeschichte spricht für sich. Hätten nicht auch Sie mal Lust, eine Fotostory zu entwickeln? Oder neigen Sie eher dem von der Reportage inspirierten Fotoessay zu? Wagen Sie sich an diese Genres ran! Kalender sind ideale Einstiegsmedien, denn mit ihren formalen Vorgaben verschaffen sie Ihnen einen hilfreichen Rahmen:

  • Die Zahl der Blätter ist vorgegeben – Sie haben zwölf Kalenderblätter.
  • Die Zahl der Formate ist beschränkt: Wählen Sie zwischen DIN A2, DIN A3, DIN A4, Hoch- und Querformat. Wenn Sie sich für Hoch- oder Querformat entschieden haben, dann sollten Sie Ihre Fotoformate einheitlich darauf abstimmen – nur so erhalten Sie ein homogenes Ergebnis, einen ansprechenden Kalender.

Ihre Fotostory

So, wenn Sie sich für ein Format entschieden haben, geht es ans Ideen sammeln, auswerten und umsetzen. Es muss am Anfang ja kein komplizierter Plot sein; sammeln Sie erst einmal Ihre Erfahrungen. Wie wäre es, zum Einstieg ein Märchen zu visualisieren? Verlagern Sie es ins Heute und ersetzen Sie beispielsweise alle traditionellen Attribute durch aktuelle (z. B. das rote Kopftuch von Rotkäppchen durch eine rote Basecap). Denken Sie daran, dass Sie vermutlich eine riesige Menge an Fotografien brauchen, um die wirklich passenden für Ihre Geschichte zusammenzustellen. Klicken Sie also besser einmal mehr!

Ihr Fotoessay

Während die Fotostory eher ins Genre der Belletristik fällt, neigt der Fotoessay eher zur Sachliteratur oder zum Journalismus; die Grenzen sind allerdings fließend. Der Fotoessay ist also der Reportage näher, wenn er auch im Unterschied dazu sein Publikum nicht vor allem dokumentarisch mit Informationen versorgen will, sondern einen Versuch (frz. Essai = „Versuch“) darstellt: Im Essay versucht sich ein Autor an einem Thema; sein Publikum lässt er teilhaben an seinen Gedankenfolgen und Entwicklungsschritten.

Im beschreibenden Fotoessay liefert der Fotograf dem Betrachter diejenigen Aspekte und Informationen zum Beispiel über einen bestimmten Sachverhalt, eine Begebenheit, ein Objekt oder eine Person, die er selbst für entscheidend hält. Der Betrachter soll durch hinreichend viele Details die Möglichkeit erhalten, sich das Beschriebene vorzustellen und einen Zugang zum Thema zu finden.

Simone Naumann: Schattenseiten

Simone Naumann: Schattenseiten

Der erzählende Essay arbeitet stärker mit der zeitlichen Abfolge. Er eignet sich daher vor allem zur Darstellung von Ereignissen. Das müssen nicht unbedingt komplexe Dinge sein. Denkbar sind beispielsweise inszenierte Kindheitserinnerungen oder, noch einfacher, das Wachstum von Pflanzen über einen längeren Zeitraum. Wichtig aber ist, dass der ganz persönliche Blick des Autors sowohl in jedem einzelnen Foto zum Ausdruck kommt als auch für Homogenität sorgt.

Falls Sie bereits Fotostorys oder -essays realisiert haben, dann schicken Sie uns den Link per Kommentarfunktion!

Quiz: Wie nennt man die zeichnerische Version eines Drehbuchs?
Mailen Sie die Anwort bis zum 1. September 2013 an marketing@calvendo.de, und Sie nehmen an der Verlosung der Preise (Bücher, Videotrainings auf DVD, ein Abo der DigitalPHOTO und mehr) teil. Die Gewinner werden Anfang September bekanntgegeben.

Hinweis: Alle Artikel unserer CALVENDO-Kalendersommerreihe finden Sie unter blog.calvendo.de/category/sommer.