Lange schon bevor die Schrift es möglich machte, Geschichten niederzuschreiben und auf diese Weise weiterzugeben, haben die Menschen einander Geschichten erzählt – nicht nur verbal, sondern auch in Bildern. Davon legen steinzeitliche Höhlenmalereien wie in Lascaux oder in Altamira Zeugnis ab, aber auch altägyptische Kunstwerke.
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Ganz anders als in vor- und frühgeschichtlicher Zeit sind die Möglichkeiten, Geschichten in Bildern zu erzählen, heute vielfältig und vor allem multimedial: Außer Fotografien eignen sich Videoaufnahmen und selbstverständlich auch Zeichnungen als Ausgangsmaterial. Je nach Publikationsmedium können sie sogar durch Musik oder Sprache ergänzt werden.
Ein Thema finden oder: Die Qual der Wahl
Beginnen Sie Ihr Kalenderprojekt damit, ein Thema zu finden und festzulegen. Fragen Sie sich zum Beispiel: Was möchte ich erzählen? Was ist die Kernaussage meiner Geschichte? Gehen Sie mit offenen Augen durch den Alltag! Überall lauern Themen; Sie müssen nur aufmerksam sein und konzentriert beobachten. Welche Themen werden beispielsweise auf Familienfeiern immer wieder erzählt? Was sind die Stammtisch- oder Vereinsthemen? Was erzählen Ihre Kollegen beim Mittagstisch?
Oder begleiten Sie Ihre Tochter, Ihre Cousine oder Ihren Schwager einen Tag lang! Vielleicht wollten Sie ja schon immer wissen, was ein Postbote an einem Tag erlebt? Skizzieren Sie die Kernaussage Ihrer Story in zwei bis drei Sätzen.
Recherche
Sobald Sie ein Thema gefunden haben, müssen Sie Material sammeln und sortieren. Möchten Sie beispielsweise die Geschichte Ihrer Geburtsstadt erzählen, so könnten Sie klären, welche die wichtigsten Gebäude sind. Oder welche Gebäude Ihr Leben in der Stadt widerspiegelt, vom Krankenhaus als Geburtsort über den Kindergarten, wo Sie Ihre spätere Frau kennen lernten, Ihr Elternhaus, die Tanzschule usw. Nun könnten Sie eine Liste wichtiger Personen Ihrer Kindheit zusammenstellen: Lebt beispielsweise der Bademeister noch, bei dem Sie Ihren Schwimmkurs absolvierten? Oder wird in dem Tanzsaal Ihrer ersten Tanzstunde immer noch unterrichtet? Daraus ergeben sich viele kleine Geschichten und Nebenspielplätze. Konzentrieren Sie sich dann auf die Hauptelemente Ihrer Story.
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Gute Planung ist die halbe Story
Bevor Sie sich an die Umsetzung machen, beantworten Sie sich auch solche Fragen:
- Wer ist meinen Zielgruppe? Wen spreche in mit welchen Mitteln an? Beispielsweise sind Senioren kaum mit einem Hip-Hopper zu begeistern.
- Wo ist der Anfang, der Höhepunkt und das Ende der Geschichte?
- Wer sind die Hauptfiguren der Geschichte? Oder hat die Story nur eine Hauptfigur?
- Wie bringen Sie Spannung in Ihre Geschichte? Hat die Geschichte originelle Elemente?
- Wird Text eingeblendet, oder gibt es einen Erzähler?
- Welche Ereignisse lassen sich für die Story nutzen?
- Was kann wegfallen, weil es für die Geschichte unnötig ist?
- Und vor allem: Wie endet die Story? Gibt es ein Happy End, Bad End oder ein offenes Ende?
Aufbau und Gliederung
Machen Sie sich ein Konzept mit Aufbau und Gliederung Ihrer Story. Skizzieren Sie einen Handlungs- und Ablaufplan mit Orten und Figuren der Handlung, mit Kernaussagen und den Möglichkeiten zur Umsetzung. Wenn Sie beispielsweise einen Fotokalender zum Thema Reisen konzeptionieren, könnten Sie zum Beispiel das Foto eines Nummernschilds einsetzen, eines Auto, einer Reisetasche oder eines Bahnhof.
Denken Sie Ihre Geschichte wie ein Schriftsteller vom Ende her! Nicht der Anfang bestimmt das Geschehen, sondern der Schluss! Wie soll Ihr Schluss aussehen? Anschließend entwerfen Sie den Anfang Ihrer Geschichte. Er soll Neugier wecken, in das Grundgeschehen einführen und die Hauptpersonen vorstellen. Dazu müssen Sie nicht unbedingt eine chronologische Abfolge einhalten (wenn das auch zunächst sicher einfacher ist) – experimentieren Sie!
In welchen Sequenzen werden Sie Ihre Geschichte erzählen? Erstellen Sie ein Storyboard, indem Sie Ihre Story in zwölf Sequenzen unterteilen. Beschreiben Sie jede einzelne Sequenz: Nennen Sie Personen, Ort und Handlung. Falls nötig, können Sie Sequenzen auch mit mehreren Bildern auf einem Kalenderblatt ausstatten.Was muss dargestellt werden? Worauf können Sie verzichten?
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Protagonisten
- Führe ich mit einem Protagonisten durch die Geschichte oder mit mehreren? Welche Gefühle will ich wecken? Aus welcher Perspektive erzähle ich? Die Perspektive eines Kindes ist anders als die Perspektive eines Berufstätigen oder die Perspektive eines Studenten.
- Was muss ich erzählen, damit das Publikum die Hauptfigur mag? Weche Eigenschaften braucht sie?
- Wie führe ich neue Figuren ein, die für die Handlung wichtig sind?
Orte und Situationen
- Welche Rolle spielt der Ort für meine Geschichte? Was muss das Publikum über den Handlungsort oder die Handlungsorte wissen?
- Sind Ortswechsel nachvollziehbar?
- Wann spielt die Geschichte? Gibt es nur einen Zeitstrang (z. B. die Gegenwart) oder mehrere (z. B. Geburt, Studienzeit, Rentenalter)?
Handlung
- Sorgen Sie für einen Spannungsboden, indem Sie zum Beispiel einen Konflikt einarbeiten oder einen Wendepunkt (z. B. Umzug in eine fremde Stadt)?
- Zeigen Sie eine Veränderung (vorher und nachher)?
Text
Texte können eine Bildergeschichte maßgeblich bereichern. Aber nur, wenn sie wirklich medienadäquat eingesetzt werden. Beschreiben Sie keinesfalls, was der Betrachter ohnehin auf den Bildern sieht! Nutzen Sie Texte für das, was bildlich nicht dargestellt werden kann. Klären Sie, welche Textsorten die richtigen sind für Ihre Geschichte: Sprechblasen, Bildunterschriften, direkte Bildbeschriftungen oder ganz andere?
Hinweis: Alle weiteren Artikel unserer CALVENDO-Kalendersommerreihe von 2013 finden Sie unter blog.calvendo.de/category/sommer.