Gute Fotos erzählen dem Betrachter Geschichten – ein Interview mit CALVENDO-Autorin Perdita Petzl

Mit einem Sinn für Ästhetik, viel Geduld und Akribie sowie technischer Perfektion hat Perdita Petzl bereits viele wunderschöne Motive fotografiert. Ihr Kalender „Farbenfrohes Wiesenleben“ wurde in diesem Jahr zum „Kalender des Jahres“ gekürt.

In unserem heutigen Interview erfahren Sie mehr über die passionierte Fotografin und ihre zauberhaften Bilder, die auch Sie begeistern werden.

Perdita Petzl
Perdita Petzl (Copyright: Henrik Spranz)

Können Sie uns ein bisschen was zu Ihrem Werdegang erzählen? Seit wann fotografieren Sie?

Schon als Kind war ich mit Begeisterung in der Natur unterwegs und bestaunte alles, was da kreuchte und fleuchte. Viele Bildbände und Bestimmungsbücher fanden sich in meinem Regal, ich konnte einfach nicht genug von Naturfotos bekommen.

2010 bekam ich schließlich meine erste DSLR und musste bald ernüchtert feststellen, dass ich mir technisches und Bildgestalterisches Know-how aneignen muss, wenn ich ansprechende Fotos machen möchte. Also habe ich mich im Selbststudium an Bücher gesetzt oder im Internet nachgelesen, um die Basics zu erlernen, und habe versucht, das Gelesene gleich mit der Kamera umzusetzen. Die ersten kleinen Erfolge stellten sich bald ein und so wurde der Spaß an der Fotografie immer größer.

Welches sind Ihre Themenschwerpunkte? Was reizt Sie an diesen Themen am meisten?

Makro, (urban) Wildlife und Landschaft sind die Schwerpunkte in meiner fotografischen Arbeit. Makrofotografie ist für mich nicht unbedingt mit einem möglichst großen Maßstab verbunden – ganz im Gegenteil: Ich mag kleine Abbildungsmaßstäbe, die mir kreativen Freiraum lassen und das Einbinden der Umgebung erst ermöglichen. Meine Pflanzenfotos entstehen nicht selten mit einem Teleobjektiv.

Wildlife und urban Wildlife empfinde ich immer als sehr spannend, weil da nichts wirklich planbar ist. Hier ist es von Vorteil, wenn man mit viel Geduld ausgestattet ist. Manchmal geht man nach Stunden vergeblichen Wartens ohne Fotos nach Hause und dann hat man wieder großes Glück und kann tolle Motive auf den Sensor bannen.

Seit kurzem üben besonders die Wildtiere in der Stadt einen großen Reiz auf mich aus. Es fasziniert mich, wie gut sich Fuchs, Wildkaninchen & Co in einer urbanen Umgebung zurechtfinden und sehr oft unentdeckt bleiben. Den Kontrast zwischen einem wilden Tier und der städtischen Betonwüste als Lebensraum einzufangen, ist eine besondere Herausforderung.

Manche Motive habe ich über längere Zeit im Kopf und wenn ich sie dann erfolgreich umsetzen kann – oft erst nach Jahren – ist das einfach großartig.

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Perdita Petzl: geschützte Naturjuwele aus Flora und Fauna

Was sind Ihre Lieblingsmotive?

Zu meinen Lieblingsmotiven zählen die seltenen und unglaublich süßen europäischen Ziesel, bedrohte Feldhamster, zarte Schmetterlinge, Pilze und Meeresküsten.

Bevorzugen Sie für Ihre Fotografie eine bestimmte Jahreszeit? Oder Tageszeit?

Frühling, Sommer und Herbst sind die Jahreszeiten, in denen ich am häufigsten mit der Kamera in Wiesen und Wäldern unterwegs bin. Und jede davon hat ihren ganz besonderen Reiz. Auch den Winter mag ich sehr gerne. Aber leider gibt es so selten Schnee und Reif, die die Landschaft so wunderbar verzaubern und in ein Märchenland verwandeln.

Meine Fototouren beginnen immer am Morgen. Ich stehe sehr früh auf, um ca. 30 – 60 Minuten vor Sonnenaufgang vor Ort zu sein – je nach Motiv. Die Zeit zwischen Sonnenaufgang bis circa 9 Uhr vormittags ist für mich die beste Zeit. Das Licht ist wunderbar weich, die Kontraste angenehm. Zudem gibt es so viel Schönes zu erleben, wenn die Natur erwacht und die Vögel ihr Morgenlied anstimmen. Wenn ich Landschaften fotografiere, dann nutze ich die Zeit um Sonnenauf- und Sonnenuntergang.

Wo sind Sie dann meistens zu finden? Sind Sie meistens an denselben Orten unterwegs oder wechseln Sie häufig die Location? Haben Sie bestimmte Lieblingsplätze?

Ich habe einige Plätze, an denen ich regelmäßig unterwegs bin und andere kommen immer wieder neu hinzu – durch eigene Recherchen oder Tipps von Fotokollegen.

Meine Lieblingsplätze sind Trockenrasengebiete. Dort gibt es oft eine sehr schöne Vielfalt von seltenen Insekten und Pflanzen wie z.B. wilde Orchideen.

Im Herbst zieht es mich auf der fotografischen Suche nach Pilzen in die wunderschönen Buchenwälder. Dort mag ich auch die Stimmung und Atmosphäre besonders gerne.

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Perdita Petzl: Süße Ziesel

Erzählen Sie uns von Ihrer lustigsten Fotosituation oder einer, die Ihnen ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist.

Es gibt immer wieder besondere Momente, die mir im Gedächtnis bleiben. Einer dieser besonderen Momente war, als ich nach über einem Jahr das Glück hatte, eine Feldhamsterdame in wunderschönem Abendlicht ablichten zu können. Meistens kommen die Feldhamster in der Abenddämmerung aus ihrem Bau oder man bekommt sie gleich gar nicht zu Gesicht. Sie sind sehr flinke Gesellen und immer damit beschäftigt mit der Nase am Boden Nahrung zu suchen. An diesem späten Nachmittag passte einfach alles, der Feldhamster kam etwas früher als sonst aus dem Bau und begann im schönsten Licht vor meiner Kamera eine Blume zu fressen. Da war mein Fotografenglück perfekt!

Es ist auch einfach wunderschön und unvergesslich, wenn Wildtiere ein gewisses Vertrauen zum Fotografen gewinnen und sich ablichten lassen.

Was macht für Sie ein gutes Foto aus?

Das kommt ganz darauf an … Ich denke gute Fotos erzählen dem Betrachter Geschichten, vermitteln Stimmungen, regen die Phantasie an oder lösen Emotionen aus. Auch ein spannendes Bokeh, tolle Lichtsituationen und kreative Bildgestaltung zeichnen für mich ein gelungenes Foto aus. Und manchmal liegt der Reiz ganz einfach im Unperfekten.

Die Grundlage für gute Fotos ist, dass der Fotograf sich mit der Bedienung seiner Kamera auskennt und die Regeln der Bildgestaltung beherrscht. Die Regeln der Bildgestaltung sind wichtig, nicht um immer stur danach zu handeln, sondern sie auch bewusst brechen zu können.

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Perdita Petzl: geschützte Naturjuwele aus Flora und Fauna

Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen in Ihrem fotografischen Bereich?

In der Naturfotografie ist es nicht immer einfach Kreativität einzubringen. Man muss mit dem arbeiten, was Motiv oder Natur anbieten und den Spielraum, den man hat, bestmöglich nutzen. Zudem spielt auch das Wetter und die jeweilige Lichtsituation eine große Rolle.

In der Wildlife-Fotografie ist oft langes Warten angesagt und daher einige Geduld nötig. Oft muss man ein paar Mal losziehen, um ein paar gute Fotos machen zu können. Umso größer ist dann aber auch die Freude.

Sie sind noch gar nicht so lange als Fotografin aktiv, haben jedoch schon einige Preise und Auszeichnungen für Ihre Werke erhalten. Was waren für Sie die wichtigsten Bausteine auf dem Weg zum Erfolg?

Ich bin recht ehrgeizig und nahezu jedes Wochenende mit der Kamera unterwegs. Immer wieder versuche ich das bisher beste Bild eines Motivs zu schießen. Viel ausprobieren, gute Ideen weiterentwickeln und schlechte Ideen verwerfen – und einfach dranbleiben sind, denke ich, die wichtigsten Bausteine zum Erfolg.
Ich möchte mich ständig weiterentwickeln und suche neue Herausforderungen. Zudem spornen mein Lebensgefährte und ich uns fotografisch gegenseitig an, wir sind meist zusammen unterwegs und entwickeln gemeinsam die ein oder andere Bildidee. Aber trotz allen Ehrgeizes kommen der Spaß an der Fotografie und die Freude an der Natur nicht zu kurz.

Perdita-Petzl_Farbenfrohes-Wiesenleben Perdita Petzl: Farbenfrohes Wiesenleben

Ihr Kalenderprojekt „Farbenfrohes Wiesenleben“ wurde in diesem Jahr mit dem CALVENDO-Jurypreis „Kalender des Jahres“ ausgezeichnet. Können Sie uns etwas mehr zu diesem Projekt erzählen?

Ansprechende Makroaufnahmen mit schönen zarten Farben und farbenfrohem Gesamteindruck sind mein Steckenpferd. Wenn man genau hinschaut, gibt es so viele zauberhafte Insekten und Pflanzen in Wiesen, Wäldern und sogar am Wegesrand zu entdecken – und einen winzigen Auszug aus dieser Vielfalt möchte ich gerne dem geneigten Betrachter näherbringen. Die zahllosen Wesen und Pflanzen überraschen und faszinieren auch mich immer wieder aufs Neue und bei jeder Betrachtung kann man weitere kleine Details und Verhaltensweisen entdecken. So beißt sich z.B. die Sandwespe (Oktober) zum Schlafen mit ihren Mundwerkzeugen an einem Grashalm fest – manchmal lassen sie dabei sogar all ihre Beine hängen und halten sich nur mit den Mundwerkzeugen fest.

Ich möchte die Schönheit von Fauna und Flora fotografisch festhalten und vielleicht sogar den ein oder anderen Betrachter für die Natur begeistern.

Meine beiden Lieblingsbilder sind die Raubfliege (Juni) und der östliche Schmetterlingshaft (August). An der Raubfliege mag ich, wie majestätisch sie auf ihrer Blume thront. Den Schmetterlingshaft finde ich sehr skurril und einfach wunderschön.

Es macht mich sehr stolz, dass CALVENDO meinen drei Kalendern das Gold-Siegel verliehen hat. Und als besondere Überraschung hat mein Kalender „Farbenfrohes Wiesenleben“ den Jurypreis „Kalender des Jahres“ bekommen.

Perdita-Petzl_Farbenfrohes-WiesenlebenPerdita Petzl: Farbenfrohes Wiesenleben

Warum haben Sie auch Kalender als Veröffentlichungsart für Ihre Fotos gewählt? Was gefällt Ihnen an dieser Möglichkeit des Publizierens am meisten?

Auf Facebook wurde ich ein paar Mal gefragt, ob meine Zieselfotos auch in Kalenderform erhältlich sind. Ich fand diese Idee reizvoll und habe mich daraufhin gleich einmal auf der CALVENDO Homepage über die Möglichkeiten informiert.

Was gefällt Ihnen an Calvendo? Was ist Ihrer Meinung nach verbesserungswürdig?

Die Möglichkeit auf so einfache Art und Weise eigene Kalender in den Handel zu bringen, finde ich sehr interessant und ich hatte großen Spaß daran, meine Kalender zusammenzustellen.

Als nicht optimal empfinde ich die Qualität des verwendeten Papiers. Fotopapier wäre meiner Meinung nach die bessere Option, um brillante Fotos mit strahlenden Farben auf den Markt zu bringen.

Wir empfehlen unseren Autoren, möglichst viel eigenes Marketing für ihre Projekte zu betreiben. Welche Kanäle und Möglichkeiten nutzen Sie, um auf Ihre Kalender aufmerksam zu machen?

Im Jahr 2015 habe ich probeweise meine ersten Kalender veröffentlicht und diese lediglich auf Facebook beworben. Dieses Jahr werde ich versuchen meine Kalender mehr und breiter in die Öffentlichkeit zu bringen.

Welche Projekte sind bei Ihnen noch in Planung? Worauf können sich Ihre Fans freuen?

Geplant sind für 2017 ein weiterer Zieselkalender und ein Kalender mit verträumten Pflanzen- und Insektenfotos mit kleinem Abbildungsmaßstab. Eventuell könnte ich mir auch einen Urban Wildlife Kalender vorstellen, da kommt es aber darauf an, ob übers Jahr genug gute Fotos dafür gelingen.

Mehr Informationen zu Perdita Petzl:

Facebook: www.facebook.com/NaturfotografiePetzl

500px: 500px.com/p_petzl

Viewbug: www.viewbug.com/member/perdita_petzl

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Perdita Petzl: Süße Ziesel

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