Was macht eigentlich den modernen Gentleman aus? Dieser Frage ist Christoph Sauer nachgegangen und hat seine Ergebnisse in 12 Bildern auf kreative Art und Weise festgehalten. In unserem Interview erfahren Sie mehr über dieses Kalenderprojekt sowie seinen Ideengeber.
Christoph Sauer (Foto: Felix Rachor)
Herr Sauer, Sie haben für Ihr Kalenderprojekt „Der moderne Gentleman“einen CALVENDO-Jurypreis in der Kategorie „Idee und Umsetzung“erhalten. Können Sie uns mehr über dieses Projekt erzählen?
Alles begann mit einem Glas Rotwein. Es war im Januar 2014, da besuchte ich in Salzburg eine befreundete Event-Managerin, Erika Hölbling von ‚Event in Motion’. Ich erzählte ihr von einem neuen Bühnenprogramm, für das ich Texte aus alten Benimmratgebern recherchiert hatte. Bald kreiste unser Gespräch um die Frage, was den Gentleman von heute ausmacht, und ob es ihn überhaupt noch gibt.
So kamen wir auf die Idee, dieser Frage in Form eines repräsentativen Wandkalenders nachzugehen: In zwölf Bildern erzählen wir die Geschichte eines Pärchens, das sich zufällig in Salzburg erstmals begegnet und spontan beschließt, gemeinsam die Stadt zu erkunden. Dabei war mir von Anfang an wichtig, dass es kein trockener Knigge-Ratgeber wird, sondern ein augenzwinkernder und informativer Bilderbogen vor malerischer Kulisse. Mit CALVENDO hatte ich bald den perfekten Partner gefunden, um dieses Projekt zu realisieren.
Da wir die Fotos unbedingt noch im Frühjahr 2014 aufnehmen wollten, blieb für die Planung nur ein kleines Zeitfenster: Während Erika Hölbling in Salzburg die Locations (darunter das altehrwürdige Hotel „Bristol“) sowie das Model-Management koordinierte, suchte ich mir mein Team zusammen: Für die Fotos wählte ich den Münchner Fotografen Christian Kasper. Als fachliche Beraterin für das Thema „Stil und Etikette“ stand mir Etikette-Trainerin Lis Droste aus Frankfurt am Main zur Seite. Unsere Stylistin Lena Wolf aus Berlin kannte ich bereits vom Fotoshooting für meine CD „Frauengeschichten“. Für Make-Up und Haare war Laura Breh aus München zuständig. Mein Sponsor, der namhafte Berliner Schuhe-Hersteller „SHOEPASSION.com“, stellte für das Fotoshooting mehrere Paar Herrenschuhe zur Verfügung. Und beim Layout und der grafischen Umsetzung des Kalenders unterstützte mich Marcus Wendelburg von der Berliner Agentur „Wendelburg GmbH“.
Wo sind die Bilder entstanden? Wie lange hat es gedauert, bis Sie alle Bilder im Kasten hatten?
Alle Bilder sind in Salzburg entstanden. Und es war eine besondere Ehre, dass wir an Locations herankamen, die sonst nur ganz großen Namen vorbehalten ist, darunter die „Steinterrasse“, von der man aus einen einmaligen Blick auf die Altstadt hat. Da waren Erika Hölblings Kontakte ausgesprochen wertvoll.
Für das eigentliche Fotoshooting hatten wir drei Tage angesetzt, mit der Option, bei Schlechtwetter einen Tag dranzuhängen. Am Ende lief es dann perfekt: Während wir an den ersten beiden Sonnenschein-Tagen unter anderem das Picknick-Motiv fotografierten, bot uns der dritte Tag mit seinem berühmten Salzburger „Schnürlregen“ die perfekte Kulisse für die „Regenschirm“-Motive.
Übrigens hatten wir von vorhinein einen freien Tag eingeplant, da einige Teammitglieder anderweitig eingespannt waren. Diesen nutzte ich, um gemeinsam mit Erika Hölbling den Bildhauer Christian Koller zu besuchen. Ich wollte sein Projekt „Rock of Hope“ tatkräftig unterstützen, das er gemeinsam mit dem „Rotary Club Salzburg Land“ ins Leben gerufen hatte und mit dem schwerkranke Kinder und Familien unterstützt werden sollen. Ein Video zu meinem Besuch bei „Rock of Hope“ gibt es auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=4yD52qrCwkA
Wer sind die beiden Models? Und wer hat die Texte geschrieben?
Um ehrlich zu sein: Die Verlockung, die Rolle des Gentleman selber zu übernehmen, war zu groß. Also fehlte nur noch die Dame. Da Erika Hölbling auch als Model-Managerin tätig ist, war das weibliche Pendant schnell gefunden: Mariya aus Wien. Um zu sehen, ob die Chemie stimmt, bin ich dann ein paar Wochen vor dem Shooting nach Wien geflogen, um Mariya zu treffen. Und es zeigte sich schnell, dass wir auf einer Wellenlänge waren. Ich denke, das sieht man auch auf den Bildern.
Mir war aber auch von Anfang an wichtig, dass der Kalender keine reine Bravo-Fotolovestory wird. Die Bilder sollten vielmehr mit informativen Begleittexten unterlegt werden. Und dabei war mir Lis Droste eine große Hilfe. Ohne ihre Erfahrungen als erfolgreiche Etikette-Trainerin und Buchautorin wäre der Kalender nicht zu dem geworden, was er jetzt ist.
Zu diesem Projekt gibt es auch einen eigens komponierten Kalendersong. Wie kam es dazu? Was war zuerst da – der Song oder die Fotos?
Dass der Kalender auf irgendeine Weise „musikalisch“ werden sollte, war von Anfang an klar. Denn ich wollte mich ja nicht als Etikette-Fachmann oder Nachwuchs-Model empfehlen, sondern in meiner Eigenschaft als Sänger und Songwriter. Da lag die Idee zu einem „Kalender-Song“ nahe. Text und Musik dazu sind aber erst nach dem Shooting entstanden. Unter dem Eindruck der Tage in Salzburg kam ich bald auf die Liedzeile „Annette, Annette, die schwärmt für Etikette“. Und nachdem alles in eine kleine Geschichte gegossen war, bin ich damit zu meinem Komponisten Roland Kühne, der dann die Musik dazu komponiert hat.
Wenige Wochen später sind wir dann ins Tonstudio, um den Song aufzunehmen. Erstmals vorgestellt habe ich den Song dann bei der Deutschland-Premiere des Kalenders in Koblenz und dann noch einmal bei der Österreich-Präsentation in Salzburg – in exakt jenem Hotel „Bristol“, vor dem wir das Januar-Motiv fotografiert haben. Den Song kann man per QR-Code abrufen, der auf dem Kalender aufgedruckt ist. Außerdem ist er dauerhaft bei Amazon und anderen Musikportalen zum Download erhältlich. Der Songtext ist im Kalender abgedruckt.
Warum haben Sie sich gerade für dieses Thema entschieden?
Das Thema „Gentleman und Etikette“ verfolgt mich schon eine geraume Weile. Erstmals kam ich damit in Berührung, als ich vor genau zehn Jahren bei der ARD-Serie „Abenteuer 1927“ als Protagonist mitwirkte. Damals verbrachte ich mit anderen „Zeitreisenden“ sechs Wochen lang eine „Sommerfrische“ im Stil der „Goldenen Zwanziger Jahre“. Wir hatten dort nicht nur Charleston-Tanzstunden, sondern auch Etikette-Unterricht. Und dabei wurde uns immer wieder ein Satz eingeschärft, der mich sehr geprägt hat: „Der wahre Gentleman hat unterm Strich nur eine einzige Daseinsberechtigung. Nämlich: Einer Dame den Tag so angenehm wie möglich zu bereiten.“
Nun leben wir aber im 21. Jahrhundert. Und da sollte man schon ein bisschen mit der Zeit gehen. Deshalb heißt es ja auch im Kalendertitel: „Der moderne(!) Gentleman“. Es geht also um zeitgemäßes Flirten. Und da darf auch mal eine Regel gebrochen werden, wenn es die Situation erfordert.
Aus dem Album „Frauengeschichten“ (Foto: Felix Rachor)
Haben Sie diese Idee auch noch anderweitig umgesetzt oder existiert ausschließlich dieser Kalender?
Im Zuge der Vorbereitung habe ich nach alten Benimmratgebern recherchiert, um mich inspirieren zu lassen. Schlussendlich habe ich mir bei ebay eine richtige Bibliothek aus solchen Ratgebern, primär aus dem 19. und 20. Jahrhundert, ersteigert. Das ist eine wahre Schatzgrube.
Übrigens unterscheidet sie etwas von den meisten Ratgebern unserer Tage: Die Autorinnen und Autoren von damals bezogen Stellung, sie verzweifelten bisweilen schier an den Benimmformen ihrer Zeitgenossen und wollten manchen Un-Sitten zuvorkommen. Das ist oft intelligent und amüsant, oft auch überraschend aktuell – sieht man einmal vom damals gelegentlich doch recht zweifelhaftem Frauenbild ab.
Letztlich ist daraus sogar ein ganzes Bühnenprogramm entstanden, eine musikalische Lesung mit dem Titel: „Von guten Tönen – Benimmratgeber im Wandel der Jahrhunderte“.
Sie sind ja weniger Fotograf, sondern hauptsächlich Sänger und Songwriter. Können Sie uns mehr über Ihre Tätigkeit erzählen?
Die Fotografie ist wirklich nur ein Hobby. Tatsächlich fühle ich mich vor(!) der Kamera wohl. Wenn es nach meiner Gesangslehrerin gegangen wäre, würde ich heute als „Papageno“ in Mozarts „Zauberflöte“ auf der Bühne stehen. Aber so sehr ich die Oper liebe, habe ich mich bald auf ein anderes Fach verlegt: Viele Jahre habe ich Lieder der „Goldenen Zwanziger“ sowie Tonfilmschlager der damaligen Epoche gesungen: „Kleiner grüner Kaktus“, „Veronika der Lenz ist da“ oder „Ich brech die Herzen der stolzesten Fraun.“
Aber sehr bald habe ich gemerkt, dass ich nicht nur interpretieren, sondern auch selber Texte schreiben wollte. Und dieser Wunsch verstärkte sich, nachdem ich 2007 ein Stipendium bei der „Celler Schule“, einer Masterclass der GEMA für angehende Textdichter, erhalten hatte.
2010 lernte ich dann auf einer Kreuzfahrt den Komponisten Roland Kühne aus Berlin kennen. Wir waren an Bord für das abendliche Unterhaltungsprogramm engagiert worden. Nach einer Probe zeigte ich Roland einen Songtext, auf den bisher noch keine Musik komponiert war und fragte ihn, ob er sich der Sache einmal annehmen könnte. Roland sagte zu und machte sich zurück auf dem Festland an die Komposition. So ist unser erster eigener Song entstanden, der Tango „Mein Handy hat nirgends ne Anruf-Funktion“.
Aus dem Album „Frauengeschichten“ (Foto: Felix Rachor)
Seitdem arbeiten wir zusammen und schreiben Lieder, die einerseits den Stil der 1920er Jahre zitieren, dabei aber Geschichten des 21. Jahrhunderts erzählen: von Damen mit Hang zu übertriebenem Facelifting („Marlene, was ist denn bloß mit deinen Lippen los?“) bis zu berühmten Trauzeuginnen („Song for Pippa“).
Wenn gelegentlich die Frage kommt, warum ich nicht lieber die Evergreens von damals singe, ist meine Antwort: „Leute, schaut mal in den Kalender – die kommenden ‚Zwanziger Jahre’ stehen vor der Tür, und für die wollen wir neue Lieder schreiben.“
Eine schöne Bestätigung für Roland und mich war dann der 3. Preis beim „Potsdamer Chansonfestival“ 2010. Genauso war unser Engagement auf dem Kreuzfahrtschiff „MS Europa 2“ ein toller Erfolg und ein unvergessliches Erlebnis.
Übrigens fällt einer unserer erfolgreichsten Songs stilistisch aus der Rolle: „Osterhase Supernase“ ist kein Charleston, sondern ein Rock’n Roll. Er wurde nicht nur über 200.000 Mal bei youtube geklickt, sondern hat inzwischen auch Eingang in ein Schulliederbuch im Schott-Musikverlag gefunden. Und ganz besonders habe ich mich vor ein paar Jahren über die E-Mail eines Freundes gefreut, der an einer deutschen Schule in Malaysia unterrichtet. Seit er „Osterhase Supernase“ seinen Schülerinnen und Schülern vorgestellt hatte, wird es jedes Jahr zu Ostern dort gesungen.
Sie haben auch ein Album mit dem Titel „Frauengeschichten“herausgebracht. Was ist darauf zu hören? Was können Ihre Hörer erwarten?
Das Album „Frauengeschichten“ ist 2013 erschienen. Ich habe es gemeinsam mit Roland Kühne eingespielt, der ja nicht nur mein Komponist, sondern auch Pianist ist. Wir haben uns aus den bis dahin geschriebenen Songs diejenigen herausgesucht, die für uns am repräsentativsten schienen.
Wer Interesse hat, kann es entweder per Amazon beziehen, außerdem als Download über die einschlägigen Musikportale wie iTunes u.a.
Oder aber man bestellt es direkt bei mir, dann schreibe ich auch gern eine persönliche Widmung dazu. Ich hatte auch schon Wiederholungskäufer, die die CD als Weihnachts- oder Geburtstagspräsent verschenkten. Manchmal kommt es sogar vor, dass ich als Live-Act für ein Wohnzimmerkonzert gebucht werde und die CD am Ende dann als Präsent überreiche.
Christoph Sauer: Der moderne Gentleman
Sie haben außerdem ein Live-Programm, mit dem Sie auf zahlreichen Bühnen zu sehen sind. Erzählen Sie uns mehr davon.
Um genau zu sein, habe ich mehrere Programme im Repertoire. Mein Hauptaugenmerk liegt natürlich auf dem Programm mit den eigenen Songs. Und weil Roland Kühne und ich regelmäßig an neuen Stücken schreiben, verändert sich das Programm auch mit der Zeit. Daneben bin ich auch mit meinem „Benimmprogramm“ (siehe oben) unterwegs. Und für Bälle wie z.B. an Silvester trete ich schon mal mit dem „Roland Kühne Salonorchester“ auf – da geht es dann vom Repertoire her ausnahmsweise zurück in die 1920er Jahre.
Wo holen Sie sich Ideen und Inspiration? Welches sind Ihre Vorbilder?
Ich will nicht leugnen, dass Max Raabe mich geprägt hat. Aber wenn ich anfangs noch versucht habe, seine Art, ob in Gesang oder Outfit, zu kopieren, habe ich mit den Jahren meinen eigenen Stil kultiviert. Und damit meine ich nicht nur den Frack, den ich bei meinen Konzerten gegen ein elegant-lässiges Outfit getauscht habe, und den ich heute nur noch für sehr festliche Anlässe aus dem Schrank hole. Mir bestätigen die Zuschauerinnen und Zuschauer nach Konzerten immer wieder, dass die Songs eine ganz eigene, unverwechselbare Note haben. Und das ist die schönste Bestätigung überhaupt!
Was Ideen für neue Songs betrifft – es ist tatsächlich so: Das Leben schreibt die besten Geschichten. Man muss nur Augen und Ohren öffnen und seine Antennen auf Empfang stellen. Die eigentliche Arbeit beginnt dann erst. Denn es reicht nicht, dass sich etwas reimt. Man muss auch Spannung oder Witz erzeugen, muss den Zuhörer überraschen oder rühren. Und dazu gehört auch eine Portion Schweiß. Da bin ich meiner Texter-Lehrerin Edith Jeske von der „Celler Schule“ dankbar. Denn Songtexten ist ein Handwerk, und das Rüstzeug habe ich dort in reichem Maße erhalten.
Was steht bei Ihnen als nächstes an? Worauf können sich Ihre Fans freuen?
Klare Ansage: Ein neues Album soll her. Und das möglichst noch im nächsten Jahr!
Vielen Dank für dieses interessante Interview! Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg für Ihre Projekte und sind auf neue kreative Ideen gespannt.
Weiterführende Links:
CALVENDO-Produktgalerie: https://www.calvendo.de/galerie/autor/55218
Website: https://www.christophsauer.info/
Sehr interessanter Artikel. Hoffe Sie veröffentlichen in regelmäßigen Abständen solche Artikel dann haben Sie eine Stammleserin gewonnen. Vielen dank für die Informationen.
Gruß Anna